Eine Demokratie, die keine ist, weil das Volk keine wirkliche Macht hat, sondern von machthungrigen Eliten systematisch in Ohnmacht gehalten wird und vor Staatsherrschaft und Kapitaldiktatur das Knie zu beugen hat. Eine Wissenschaft und Technik, deren grobschlächtiges materielles Weltbild systematisch Geist und Leben abtötet, wo immer sie Natur und Kultur unterwirft, vergewaltigt und zur Wüste ausbeutet. Eine Wirtschaft, die als Krieg gegen die Biosphäre, andere Völker und die eigenen Leute geführt wird und deren Wohlstand krank macht. Eine Kultur, die sich für die Krone irdischer Schöpfung hält, deren „Fortschritt“ jedoch Menschen zunehmend zu Maschinen erniedrigt und die Menschheit in immer tieferer Systemsklaverei gefangen hält. Die westliche Kultur führt sich in jeder nur denkbaren Art und Weise als die degenerierte Hausviehform ihrer Gattung auf, als unmenschliche Barbarei, die sich die Kunstwerke und Erfindungen einiger genialer Aussenseiter als Hochkulturschminke über ihre Menschenviehfratze schmiert und hofft, dass es keiner merkt. Sie züchtet sich in Elternhäusern und Schulen einen entweder krankhaft herrschsüchtigen oder krankhaft unterwürfigen Menschenschlag heran und betet zwar die Freiheit an, aber am liebsten aus der Ferne als Karotte, die man dem Esel vorhält, damit er für ein wenig Freizeit schufte. Dies ist ganz offensichtlich keine Kultur von Menschen für Menschen und im Einklang von Mensch und Natur, wie man es von einer heilen Kultur oder gar von einer echten „Hochkultur“ eigentlich erwarten sollte. Dies ist objektiv klar erkennbar eine krankhaft entartete Unkultur, die beobachtbar die Eigentendenz aufweist, wie ein Krebsgeschwür ihren Wirtskörper – Mensch und Biosphäre – zunehmend aufzufressen und damit letztlich sich selbst auszurotten. Doch welcher halbwegs aufgeweckte Mensch, der einfach nur ein sinnvolles Leben in einem heilen sozialen Umfeld führen will, ist jetzt – in der immer klarer erkennbaren todesnahen Endphase der Krebswucherung – noch bereit, mit den Lemmingen weiter auf den sichtbar näher rückenden Abgrund zuzurennen? Kein Wunder, dass dem Westen die Leute in zunehmender Zahl davonlaufen, die Besten - die Wachsten, Kreativsten und Menschlichsten - vorneweg. Auswanderungswellen in freiheitlichere Gefilde werden normal und zahlreiche alternative Subkulturen ziehen sich in innergesellschaftliche Nischen zurück, wo sie Parallelgesellschaften bilden. Es sieht ganz danach aus, als wöllte und würde das alte Gesellschaftssystem immer mehr absterben und zugleich neue Gesellschaftsformen sich bilden. Die Grundwesenszüge vieler solcher Parallelgesellschaften sind – bei allen Detailunterschieden – sehr ähnlich: Eine Kultur der Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit, die aus dem Herzen kommt, Empathie als Basis für gesunde Sozialität kultiviert, autarke Gemeinschaften bildet und diese zunehmend miteinander vernetzt. Eine Kultur der Natürlichkeit, die Harmonie mit der eigenen inneren Instinktnatur, den natürlichen Bedürfnissen des eigenen Körpers und der lebendigen Biosphäre ringsum anstrebt und bereit ist, auch ihre Technologie sinnvoll ins Naturganze zu integrieren. Eine Kultur des geistigen Wachstums und kreativen Kulturschaffens, in der persönliche Entfaltung und kollektive Evolution intim miteinander verwoben sind und einander bewusst beflügeln. Eine Kultur der grundsätzlichen Lebensbejahung und Sinnhaftigkeit, auch und gerade dann, wenn der Lebensweg manchmal steinig und dornig sein mag und dazu einlädt, sich an Widerständen aufzurichten und an Herausforderungen zu wachsen. Die Tendenz solcher parallelgesellschaftlichen Kulturausrichtungen ist immer die Errichtung einer heilen Kultur. Heil im Sinne von harmonischer Einbindung ins Weltganze, von synergetischer kollektiver Zusammenarbeit zum gegenseitigen Gewinn und von innerem Einklang mit den eigenen Wesenszügen und Charakterneigungen. Das Bedürfnis nach heiler Kultur wächst und gedeiht immer prächtiger, je verrotteter und unübersehbar kränker das alte Gesellschaftssystem wird. Irgendwann wird der Auszug aus der absterbenden Unkultur die breite Masse der Bevölkerung erfassen, wie dies beim Untergang der Sowjetunion in Osteuropa zu beobachten war. Dem alten System werden die Menschen in Massen davonlaufen – und sie werden in die offenen Arme und weiten Herzen zunehmend reifer gewordener Paralellgesellschaften laufen und dort eine neue kulturelle Heimat finden. Das alte Abendland ist abgesagt, Patriarchat und Systemtyrannei haben keine Zukunft mehr, Gier und Gewalt werden Liebe und Kreativität als gesellschaftlichen Leitwerten weichen müssen und der ewige Krieg gegen jeden und alles wird im Weltfrieden enden. Die Details werden wir alle als freie Menschen in einer freien Welt miteinander aushandeln und verwirklichen. Unser Wille geschehe! Im Namen des Schönstmöglichen, zu dem wir fähig sind! In diesem Sinne lasst uns eine neue Kultur gründen und das Abendland heilsam erneuern!

Freigeist von Lebenskunst, 23. Juni 2022, La Gomera